12. März 2013 Mentale Schauplätze Mentale Schauplätze sind die Bilder, die sich vor meinem inneren Auge abspielen, wenn ich (Fiktives) lese.Ich versuche schon seit langem diese Orte zu ordnen. Es sind nur eine Handvoll Schauplätze, die ich für alles, was ich lese, verwende. Fast alle sind Orte meiner Kindheit, ich bin da nicht sehr erfinderisch. Hier ein Beispiel: Studio M.Einer der mentalen Schauplätze, die sich in meiner Kindheit ganz fest in meiner Vorstellungswelt manifestiert haben, ist ‚das Studio‘ meiner Großeltern. Sie wohnten damals in einem Haus in Hanglage, dessen Keller ein ausgebautes Souterrain mit eigenem Eingang angegliedert war. Ich hatte mitbekommen, dass mein Onkel den Raum als Student bewohnt hatte und stellte mir vor, dass er dort in geheimnisvoller studentischer Unabhängigkeit oder rauschhafter Freiheit mit den Flügeln schlug. Eigentümlicherweise war es in dem Zimmer recht dunkel. Es war vollkommen umgeben von der Erde des Hangs und den Wurzel des riesenhaften Efeus, der die Hausecke umwuchs und mit seinen Luftwurzel zu den Fenstern hineinstrebte. Es gab ein Bett, auf dem eine dunkle, verstaubte Wolldecke lag, im Regal wartete Literatur toter Männer, auf dem wellenförmigen Porzellan des Waschtischs ruhte ein rissig eingetrocknetes Stück Seife und seitlich im Raum stand ein Klappbett mit einem quietschenden Vorhang. Die Sitzecke am Fenster bestand aus einem Tisch und einer Eckbank, darauf lagen flegelhaft verstreut ein paar Hände voll trockener Erde, einige Blumenzwiebeln, Hacken und Schaufeln für die Tätigkeiten der draußen im Beet hockenden Großmutter. Die gelesenen Geschichten, die meine Phantasie bevorzugt in diesen Raum gepflanzt hat, waren oft im Dunkeln: Terroristen, Mörder und Widerstandskämpfer hielten sich hier verborgen. Menschen in Gefahr. Den Figuren diente der Raum als Versteck: Karlsson vom Dach, Jim Nashe, Gudrun Ensslin, diversen hitzigen Geliebten… (Die Liste ist lang und hält sich ihrerseits vor mir verborgen.) Der Bericht bleibt unfertig, ich denke noch darüber nach, welche Rolle die Meine war im Studio und an meinen anderen mentalen Schauplätzen. Vielleicht waren es einfach erste sehr beeindruckende Zimmerreisen.