In Pankow mit
Ines Königsmann

Reisestart:
Ich sitze auf dem Sofa und mache es mir gemütlich, schön warm und kuschlig, auf der dick gewebten Wolldecke. Draußen ist es Herbst und alles zieht sich zurück nach innen, mit aufgedrehten Heizungen und warmem Tee. Die dunklen Abende werden länger und in dieser besonderen Zeit, aktuell, geprägt von der Angst vor dem Virus, wo das öffentliche Leben gerade geschlossen ist, werden die Abende Zuhause mehr und langsam auch länger.
Ich sitze in einem fremden Zuhause, auf einem fremden Sofa und seh mich hier ganz in Ruhe um. Direkt vor mir leuchtet es unerwartet bunt, in strahlenden Regenbogenfarben sind die Bücher fröhlich im Regal angeordnet. Ich gucke gerne auf das Regal, die Fröhlichkeit färbt ab und ich lächle!
Mein Blick schweift im Raum und überall gibt es bei genauerer Betrachtung etwas Neues zu entdecken.
Pflanzen:
So viele Pflanzen und Steine um mich herum, dazu verschiedene Baumrinden und Treibholz. Alles als wenn es hier schon ewig wohnt, lebendig, aufeinander abgestimmt und zueinander angeordnet. Das ganze Fenster ist ein Arrangement, hinter dem sich unauffällig die groben Plastikfenster verstecken. Den Pflanzen geht es hier gut, sie wachsen und sind üppig, ich merke mein Herzschlag wird ruhiger, seid dem ich hier bin, inmitten der vielen kleinen Dinge, die zusammen eine große Ruhe ausstrahlen. Ich fühle mich wohl zwischen ihnen, ich fühle mich innerlich ruhig und eine wohlige Wärme breitet sich in mir aus.
Spargelbäumchen:
Ich reise weiter in dem Zimmer ohne meinen gemütlichen Platz zu verlassen und dreh mich weiter zur wärmenden Heizung hin. Hier hängt direkt vor mir an der Wand ein getrocknetes Spargelbäumchen, mit roten Früchten, die giftig sind, so erinnere ich mich aus meiner Kindheit. Ich kenne Deine Art aus dem Garten meiner Kindheit, am Haus meiner Großeltern. Nach der reichen Spargelernte wachst Ihr aus dem einstigen Trieb und im Sommer gab es ein kleines Spargelwäldchen, toll für Kinder zum drinnen rumtoben und fangen spielen. Im Herbst sind die Bäumchen mit ihren roten Beeren vertrocknet und sahen so schön und feingliedrig aus. Am Ende vom Herbst wurden alle Bäumchen abgeschnitten und an einem wärmenden Feuer verbrannt, als Abschied vom Gartenjahr. Ich habe schon lange nicht mehr so ein Spargelbäumchen gesehen. Wie schön und grazil Du bist, kein richtiger Baum, viel kleiner, als Kind waren wir etwa auf einer Höhe.
Tiere:
Wieviele Tiere gibt es hier eigentlich? Ich werde Euch zählen: Schafe mit Streichholzbeinen, ein kleines Wildschein oder ist es eher ein grunzender Eber, nur in niedlich Klein? Direkt daneben ein großes Kaninchen, viele Federn, die lebendigen Zwergkaninchen sind nicht da, dafür zwei kleine, weisse Porzelan-Hasen, einen Wildschweinkiefer, zählt der als ganzes Tier? Und was ist das dort für eine riesige Tierbüste? Ein Koyote? Mit spitzen, langen Ohren, aus Holz, geschmückt mit bunten, grafischen Ornamenten. Dazu entdecke ich eine Hasenpfote, eine Holzschlange, ein Mini-Stinktier neben einem Mini-Waschbären, verschiedene tote Mottenexemplare, einen roten, dreiköpfigen Bock auf Papier, ein Foto mit zwei getigerten Katzen und eine kleine Schlangenzeichnung. Und immer wieder entdecke ich ein weiteres Tier, wie etwa die Hasenabbildung auf dem Karton unter dem Buchregal! Schlich der sich hinter meinem Rücken noch zufällig rein? Das waren alle Tiere für heute, glaube ich.Nur gut, dass ich nicht die Steine zählen wollte, das hätte eindeutig länger gedauert!
Ende:
Ich freu mich auf einen nächsten Besuch hier, dem Ort der lebendigen Ruhe und lasse die anderen Zimmer für heute unbereist. Tschüss, ihr lieben Tiere, bis zum nächsten Mal, die Gastgeberin erwartet mich in der Küche!